Fördermodell statt Nachwuchsleistungszentrum: Eisbären kooperieren mit Fußballverband als Ausbildungsverein im Aufbau 

Der Fußballverband Rheinland (FVR) zählt mitgliedermäßig zum unteren Mittelfeld der insgesamt 21 Landesverbände des Deutschen Fußball-Bundes und hat, anders wie so mancher Nachbarverband, keinen Profi-Fußballklub in den ersten drei Ligen vorzuweisen. Damit mangelt es im Verbandsgebiet zwischen Trier und Altenkirchen auch an Nachwuchsleistungszentren, zu denen hoch talentierte Juniorenspieler wechseln können, um für sich den nächsten Schritt in ihrer fußballerischen Entwicklung gehen zu können. Doch seit nunmehr fast vier Jahren will der rheinländische Fußballverband um Präsident Walter Desch diesem Problem mit einem eigenen Nachwuchsfördermodell begegnen: Dem sogenannten „Ausbildungsverein im Aufbau“. Seit wenigen Tagen gehören auch die Eisbachtaler Sportfreunde aus Nentershausen zu diesem kleinen Kreis.

„Unser Ziel war es, auch im Osten des Verbandsgebiets einen Ausbildungsverein in Aufbau zu haben“, macht FVR-Präsident Walter Desch deutlich. Der Alterkülzer ist sich sicher, mit den Westerwäldern einen solchen sehr guten Kooperationspartner für den in Koblenz ansässigen Fußballverband gefunden zu haben: „Eisbachtal ist natürlich ein Begriff im Rheinland und weit darüberhinaus.“ Die Sportfreunde haben in den Augen des im Sommer scheidenden Verbandschefs eine „hervorragende Tradition“, an die man nun mit dem Ausbildungsverein im Aufbau anknüpfen möchte. 

Holger Krug (rechts) vom geschäftsführenden Vorstand der Eisbachtaler Sportfreunde und Walter Desch als Präsident des Fußballverbandes Rheinland besiegelten in der Sportschule Oberwerth mit ihren Unterschriften die Eisbachtaler Zertifizierung zum „Ausbildungsverein im Aufbau“.

Clemens Decker, Sportlicher Leiter des Fußballverbandes Rheinland, skizzierte am Rande der Vertragsunterzeichnung den Werdegang der nunmehr geschlossenen Kooperation zwischen Verband und Eisbachtal. „Die Eisbachtaler waren von Anfang an interessiert, wenn auch teilweise skeptisch. Dann ist, aus welchen Gründen auch immer, der Plan erst einmal nicht weiter verfolgt worden. Im letzten Jahr sind wir dann entscheidend weitergekommen“, so Decker, der mit Verbandstrainer Dennis Lamby einer der Hauptansprechpartner der neuen Kooperation von Verbandsseite aus ist, bei der es vielfältige Kriterien zu erfüllen gilt.

Maximale Kadergrößen, eine gewisse Infrastruktur, die Anzahl der Trainingseinheiten in den Jugendmannschaften, die medizinische Betreuung, die vorhandenen Trainerlizenzen sowie die Spielklassen der Mannschaften sind nur einige der vom FVR definierten Qualitätskriterien, die eine Rolle spielen, um sich als Ausbildungsverein im Aufbau zu bewerben und letztlich auch erfolgreich zertifiziert werden zu können. Dass der Ausbildungsverein im Aufbau keineswegs ein Selbstläufer ist für die zertifizierten Vereine, das musste bereits Eintracht Trier schmerzhaft in der Vergangenheit erleben. 2018 war der ehemalige Zweitligist von der Mosel noch Premierenklub, der sich über die erste Auszeichnung des FVR freuen durfte. Da allerdings mehrere vom Fußballverband Rheinland vorgegebene Kriterien, um den Status weiter führen oder sogar ausbauen zu können, von der Eintracht nicht im erforderlichen Maße erfüllt werden konnten, wurde der Status prompt im Folgejahr wieder aberkannt. Seit Sommer 2021 darf sich Eintracht Trier gemeinsam mit TuS Koblenz wieder „Ausbildungsverein im Aufbau“ nennen. Die Eisbachtaler Sportfreunde sind seit 10. Februar nunmehr der erst dritte Verein, der die Bezeichnung führen darf und ab sofort Jahr für Jahr sich neu die Auszeichnung des Fußballverbandes Rheinland verdienen muss. 

Gemeinsam besiegelten in der Sportschule Oberwerth in Koblenz Vertreter vom Fußballverband Rheinland (FVR) und den Sportfreunden Eisbachtal (SFE) die Kooperation als Ausbildungsverein im Aufbau (von links): Dennis Lamby, Walter Desch, Clemens Decker (alle FVR), Oliver Kleinmann (SFE), Armin Bertsch (FVR), Holger Krug, Werner Schmidt und Michael Hölzenbein (alle SFE)

Um den Zusatz „im Aufbau“ streichen zu können, bedarf es sogar weitergehender Kriterien, die es zu erfüllen gilt, wie beispielsweise die Ausstattung im medizinischen Bereich. Doch von dem reinen Titel als Ausbildungsverein sind sowohl Eintracht Trier, die TuS Koblenz als auch die Eisbachtaler Sportfreunde derzeit noch weit entfernt. „Hierfür werden wir Zeit brauchen“, machte Werner Schmidt vom geschäftsführenden Vorstand der Sportfreunde Eisbachtal bei der Vertragsunterzeichnung in der Sportschule Oberwerth deutlich. „Das ist etwas, was man nicht eben einmal in einem Vierteljahr aufgebaut hat“, sagt der Nentershäuser.

„Langfristig ist es schon unser Ziel, Ausbildungsverein zu werden. Das bedarf ein bisschen Zeit, um uns dorthin zu entwickeln. Wir möchten ein Stück weit den Leistungszentren näher kommen, um damit auch unsere hochtalentierten Spieler im Verband zu behalten. Das ist das klare Ziel. Das bedarf Arbeit und einiger Umstellungen im Verein. Damit haben wir jetzt schon begonnen und wir werden in aller Ruhe weiter daran arbeiten“, erklärt der Sportliche Leiter für den Juniorenbereich bei den Eisbachtalern, Oliver Kleinmann, die langfristige Zielsetzung der Sportfreunde. Zunächst einmal stehe der Status quo als Ausbildungsverein im Aufbau im Fokus. „Wir werden uns beispielsweise im Bereich der Trainerausbildung in Zusammenarbeit mit dem Verband neu aufstellen“, so Kleinmann. „In erster Linie ist es eine Aufgabe, ein Entwicklungsschritt und eine Verantwortung für uns im Verein, junge Spieler und auch Trainer auszubilden für das Ziel, später viele Qualitätsspieler in den Seniorenbereich hineinzubringen. Darüberhinaus wollen wir eine Plattform für talentierte Jugendspieler bieten.“ 

Finanziell und personell sei der Ausbildungsverein im Aufbau eine reizvolle, aber auch extrem fordernde Aufgabe für die Eisbachtaler Sportfreunde, wie Vorstand Werner Schmidt, verdeutlichte: „Das Gesamtpaket muss einfach stimmen.“ Verbandspräsident Walter Desch zeigte sich optimistisch, dass den Eisbachtaler Sportfreunden dies gelingen werde und er freute sich auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Westerwäldern, die im Juniorenbereich unter anderem in drei Regionalligen vertreten sind. „Fußballerische Leistung und junge Menschen zusammenzubringen ist das Ziel des Ausbildungsvereins im Aufbau“, machte der 77-Jährige als erklärte Intention der Partnerschaft deutlich. „Wenn man das gut macht, dann hat man in Zukunft auch Erfolg.“ Der Fußballverband Rheinland unterstützt die Eisbachtaler im Rahmen der neugeschlossenen Kooperation mit einer Anschubfinanzierung in Höhe von 2000 Euro.

Dieses Schild darf ab sofort am Sportgelände in Nentershausen montiert werden. Damit soll auf den neuen Titel „Ausbildungsverein im Aufbau“, den die Eisbachtaler Sportfreunde ab sofort tragen, hingewiesen werden.

Fußballverband Rheinland einziger Landesverband ohne NLZ

Dass der Fußballverband Rheinland mit seinem Konzept des Ausbildungsvereins hoch talentierte Nachwuchsfußballer langfristig im Verbandsgebiet halten und fördern will, das kommt nicht von ungefähr: Der Fußballverband Rheinland ist aufgrund seiner fehlenden Profimannschaften der einzige der 21 Fußball-Landesverbände, der kein lizenziertes Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) vorzuweisen hat. 56 solcher sportlicher Anlaufstationen für regionale Spitzentalente gab es zuletzt laut DFB deutschlandweit. Die 36 Lizenzvereine der Bundesliga und 2. Bundesliga sind per Lizenzierungsstatut zum Aufbau eines Leistungszentrums für Talente nach festgelegten Kriterien verpflichtet. Auch für die Vereine in den Ligen unterhalb der beiden höchsten Spielklassen in Deutschland, der 3. Liga und der Regionalliga, besteht die Möglichkeit, ein Leistungszentrum aufzubauen. Hier machen von den 101 in Frage kommenden Klubs allerdings nur 20 Gebrauch von dieser Möglichkeit der Nachwuchsförderung. Die nächstgelegenen Nachwuchsleistungszentren zum Gebiet des Fußballverbandes Rheinland sind die Förderstätten des 1. FC Köln, Viktoria Köln, Bayer 04 Leverkusen, SV Wehen-Wiesbaden, 1. FSV Mainz 05, Eintracht Frankfurt, FSV Frankfurt, Kickers Offenbach, SV Darmstadt 98, 1899 Hoffenheim. SV Sandhausen, 1. FC Kaiserslautern, 1. FC Saarbrücken und SV Elversberg.