Eisbären auf Trainersuche: Reifenscheidt und Lauer hören im Sommer auf

Als im April 2016 sein Name als neuer Trainer der Eisbachtaler Sportfreunde präsentiert wurde, hatten ihn wohl nur die wenigstens Fußball-Insider in der Region auf dem Schirm. Auch schwang vielerorts Skepsis mit, ob Marco Reifenscheidt der richtige Mann auf der Eisbären-Bank beim damaligen Rheinlandligisten sei. Sieben Jahre später ist klar: Er ist es. Doch nach sieben Jahren mit vielen Höhen und wenigen Tiefen steht seit wenigen Tagen fest: Marco Reifenscheidt wird Ende Juni das Traineramt bei den Eisbären niederlegen.

Am Freitagabend informierten der 41-Jährige und sein Bruder Patrick, der als Sportlicher Leiter bei den Eisbären aktiv ist, die Oberliga-Mannschaft darüber, dass der A-Scheininhaber zum Saisonende sein Amt niederlegen wird. „Es fällt mir sehr sehr schwer diese Entscheidung zu treffen, aber das gehört nunmal im Leben dazu. Wir haben tolle Jungs, die ich teilweise schon seit meiner Amtseinführung begleite und mindestens viermal die Woche sehe. Da werden am Ende der Saison mit Sicherheit Tränen bei mir fließen“, sagt Marco Reifenscheidt, um gleichzeitig seinen Entschluss weiter zu begründen: „Ich möchte gerne meinen Horizont erweitern und mich auch als Trainer weiterentwickeln. Wir haben jetzt sieben Jahre zusammengearbeitet. Es war eine sehr erfolgreiche Zeit, in der es natürlich auch Rückschläge gab, die wir aber als Team immer wieder zusammen gemeistert haben. Es war nie langweilig. Darauf bin ich sehr stolz. Eisbachtal, das bedeutet für mich Heimat und Familie. Es ist für mich persönlich jetzt aber wichtig, aus dieser Komfortzone herauszukommen.“

Hinzu kommt der zuletzt gestiegene Aufwand für Marco Reifenscheidt: Aus privaten Gründen ist er im Januar 2022 von seinem damaligen Wohnort Limburg nach Wiesbaden gezogen. Seitdem pendelt der gebürtige Nentershäuser, der hauptberuflich bei einem japanischen Dienstleistungsunternehmen in Frankfurt angestellt ist, zu den Trainingseinheiten und Spielen in seine Westerwälder Heimat.  

Sportliche Bilanz ist positiv

Seine sportliche Bilanz seit der Übernahme des Trainerpostens bei seinem Heimat- und Jugendverein im Sommer 2016, als Reifenscheidt vom thüringischen SV Grün-Weiß Siemerode aus der Landesklasse nach Nentershausen wechselte, kann sich sehen lassen: Die Rheinlandmeisterschaft am Ende der Saison 2018/2019 verbunden mit dem Oberliga-Aufstieg, drei Halbfinaleinzüge im Rheinlandpokal-Wettbewerb (Saisons 2017/18, 2018/19, 2020/21) und der Klassenerhalt in der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar zuletzt stehen für Marco Reifenscheidt bei den Eisbären zu Buche.  

„Wir hatten eine unerwartet erfolgreiche erste Saison, mit dem Aufstiegsendspiel in Idar-Oberstein. Auch im zweiten Jahr durften wir an der Relegation teilnehmen. Beide Spiele haben wir knapp verloren. Gerade das 0:1 in der Nachspielzeit für Hassia Bingen hat damals brutal wehgetan. Wir wollten in dem Jahr unbedingt hoch. Ich erinnere mich noch genau wie enttäuscht unsere Jungs zusammengesackt sind. Diese negativen Erlebnisse haben uns aber auch geprägt. Die beiden Entscheidungsspiele waren unheimlich wichtig für die Entwicklung der Mannschaft und auch für mich als Trainer. Im Übrigen konnten wir nur so im darauffolgenden Jahr die Rheinlandmeisterschaft feiern. Vielleicht sollte es so sein“, blickt Marco Reifenscheidt auf seine Anfangsphase bei den Sportfreunden zurück. 

Die anschließenden Oberliga-Jahre will der 41-Jährige allerdings nicht missen: „In der ersten Spielzeit wurden wir vom Gegner oft für unsere mutige und variable Spielweise gelobt. Leider bedeutet diese Anerkennung erfahrungsgemäß, dass der Gegner am Ende die Punkte behalten darf. Aber auch hieraus haben die Mannschaft und wir als Trainerteam gelernt. Wir mussten uns an die Oberliga anpassen.“ 

Traum vom Rheinlandpokal-Finale bleibt unerfüllt

Etwas hadert Marco Reifenscheidt allerdings mit seiner persönlichen Trainerbilanz im Rheinlandpokal-Wettbewerb: „Es waren sehr enge Spiele. Da hat am Ende aber leider der große Wurf gefehlt. Gerne hätte ich mit meiner Mannschaft einmal im Rheinlandpokal-Finale gestanden und Eisbachtal zum Rheinlandpokalsieg geführt. Wir mussten uns dreimal erst in der Verlängerung oder im Elfmeterschießen gegen die späteren Titelträger geschlagen geben. Wenn ich mich an das Spiel gegen Rot-Weiß Koblenz erinnere, tut es heute noch weh.“ 

Nichtsdestotrotz fällt seine Gesamtbilanz nach fast sieben Jahren Schaffenszeit im Westerwald positiv aus: „Ich durfte ich mich in meinem Heimatverein als Trainer entwickeln und meine Ideen umsetzen. Für das mir entgegengebrachte Vertrauen des Vorstands, auch in schwierigen Zeiten, bin ich sehr dankbar. Das ist nicht selbstverständlich. Wir haben zusammen versucht den Verein unter den gegebenen Voraussetzungen voranzutreiben und an die heutigen Ansprüche vom Leistungsfußball anzupassen. Das ist in so einem traditionellen und dörflichen Umfeld nicht immer einfach, uns aber grundsätzlich gelungen. Ich konnte hier mit vielen tollen und engagierten Menschen zusammenarbeiten.Nicht umsonst gehört unserer Nachwuchsarbeit zu den Top 3 im Rheinland. Davon haben wir auch in der ersten Mannschaft profitiert. Ich kann mich an ein Oberligaspiel erinnern, wo 17 von 18 Spielern auf dem Spielbericht bereits in der Jugend das Trikot der Eisbären trugen. Das macht mich unheimlich stolz und sagt sehr viel über unsere erfolgreiche Philosophie aus. Vielen Dank an die Jugendtrainer, die dafür maßgeblich verantwortlich sind.“

Sieben Jahre als Trainer bei den Eisbären haben Marco Reifenscheidt viel Freude bereitet.

Zwei Spieler schaffen Sprung in Profibereich

Mit Steffen Meuer (zu Fortuna Düsseldorf II; heute bei Borussia Mönchengladbach II) und Luis Hesse (zu Hannover 96 II) haben zwei seiner Spieler sogar den Sprung in U23-Mannschaften von Profiklubs gewagt. „Sie haben die Plattform Oberliga genutzt und über Umwege den Weg in den Profibereich geschafft. Ich freue mich sehr, Teil dieser Entwicklung gewesen zu sein und verfolge diese natürlich“, so Marco Reifenscheidt, der aber eine Gruppe im Verein besonders herausstellt: „Mein größter Dank gilt den Personen der zweiten Reihe, dem kompletten Betreuerstab um die Mannschaft herum, sowie natürlich meinem Co-Trainer Paul Lauer, der mich seit fünf Jahren loyal unterstützt und regelmäßig wertvollen Input gibt. “ 

Für sein letztes halbes Jahr hat sich der 41-Jährige den erneuten Klassenerhalt mit seiner Mannschaft auf die Fahne geschrieben. „Es wird ein hartes Stück Arbeit. Es kann passieren, dass acht von zwölf Teams runter gehen. Unser Ziel ist wieder ein Platz unter den ersten dre. Wir haben die Qualität dafür und werden dem in den kommenden Monaten alles unterordnen. Letztes Jahr hat die Mannschaft gesehen, zu was sie im Stande ist. Ich will einen Oberligisten übergeben, nur dann kann ich zufrieden sein“, sagt Reifenscheidt, für den noch nicht feststeht, welche neu Traineraufgabe er nach dem 30. Juni nach dann 2556 Tagen als Eisbachtal-Trainer übernimmt. Wichtig ist ihm aber eins: „Wenn ich im Sommer gehe, dann kann ich jedem hier im Verein in die Augen schauen. Und genau das ist für mich als Mensch entscheidend. 

Reifenscheidt dienstältester Trainer der Vereinsgeschichte

Für die Eisbachtaler Sportfreunde selbst kommt der Abschied von Marco Reifenscheidt im Sommer nach eigenen Angaben nicht ganz aus heiterem Himmel. „Uns war bewusst, dass diese Situation nach so vielen erfolgreichen Jahren irgendwann kommen würde. Wir als Verein tragen allerdings diese Entscheidung von Marco, auch wenn sie natürlich schade ist, mit. Marco ist ein sehr ehrgeiziger Trainer, der sich noch weiterentwickeln möchte, daher können wir auch verstehen, dass er nach sieben Jahren als Eisbären-Trainer eine neue Herausforderung sucht“, sagt der Sportliche Leiter, Patrick Reifenscheidt, der gleichzeitig seinem Bruder dankt: „Marco hat uns in einer sehr schwierigen Zeit als junger Trainer seine Zusage gegeben. Wer die letzten Jahre verfolgt hat, weiß, welche Entwicklung diese Mannschaft genommen hat. Er hat attraktiven und erfolgreichen Fußball spielen lassen, die Mannschaft immer weiterentwickelt und in die Oberliga zurückgeführt. Dass er am Ende mit sieben Jahren der dienstälteste Trainer seit Gründung der Eisbachtaler Sportfreunde sein wird und damit Vereinsgeschichte schreibt, kommt sicher nicht von ungefähr. Aber noch ist seine Arbeit nicht fertig.“ 

Nachfolger steht noch nicht fest

Wer im Sommer 2023 nunmehr die Nachfolge von Marco Reifenscheidt antreten wird, wollen die Eisbachtaler in Ruhe klären. „Ich bin allerdings optimistisch, dass wir in nicht allzu weiter Ferne einen Nachfolger präsentieren können“, sagt Patrick Reifenscheidt, ohne sich dabei in die Karten schauen zu lassen, wer auf der Wunschliste des Nentershäuser Traditionsclubs steht. Dass es wieder eine Überraschung wie vor sieben Jahren sein wird, ist nicht ausgeschlossen. Schließlich haben die Eisbären mit dem scheidenden Marco Reifenscheidt eine sehr gute Erfahrung damit gemacht. 


Eisbachtals spielender Co-Trainer Paul Lauer wird im Sommer den Verein ebenfalls verlassen.

Für Co-Trainer Paul Lauer ist im Sommer auch Schluss

Neben Trainer Marco Reifenscheidt wird im Sommer auch sein Co-Trainer Paul Lauer die Eisbären verlassen. Der 38-Jährige war 2018 zunächst als Spieler von der SG 2000 Mülheim-Kärlich zu den Sportfreunden gestoßen und später dann als spielender Co-Trainer ins Trainerteam gewechselt. Nach der nunmehr vierten Saison an der Seitenlinie ist Schluss für Lauer. „Ich habe mich von Anfang an sehr aufgenommen gefühlt und jedes der letzten fünf Jahre sehr genossen. Der Schritt ist mir nicht leicht gefallen, ich möchte mich aber persönlich weiterentwickeln und muss deswegen, zumindest vorerst, aus dem Fußball verabschieden“, erklärt Lauer, dessen besonderer Dank dem Verein uns seinem „Chef“ gilt: „Ich möchte mich bei allen Menschen in und um den Verein noch einmal für alles bedanken. Ganz besonders bei unseren Cheftrainer Marco Reifenscheidt, der mich und das Team in besonderer Weise unterstützt und geformt hat.“

„Mit Paul verlieren wir nicht nur einen tollen Trainer, sondern auch einen richtigen Teamplayer und Typen“, erklärt Patrick Reifenscheidt, der sich „für die sehr respektvolle,  starke und akribische Arbeit“ bei Paul Lauer ausdrücklich bedankt, und nunmehr in den kommenden Wochen Gespräche mit weiteren Mitgliedern des Betreuer- und Trainerstabs führen wird, wie es hier perspektivisch weitergeht.